Neue Heilmittel-Richtlinie ab 01.01.2021

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) verabschiedete am 19.09.2019 den Beschluss zur neuen Heilmittelrichtlinie. Von den Änderungen versprechen sich alle Beteiligten deutliche Vereinfachungen bei der Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln. Der Beschluss wurde wie üblich dem BMG zur Prüfung vorgelegt. Wenn keine Beanstandungen seitens des BMG erfolgen, und die Richtlinie im Bundesanzeiger veröffentlicht wird, kann sie zum 01.01.2021 in Kraft treten. Die lange Vorlaufzeit ist deshalb erforderlich, weil die umfassenden Änderungen in der Software der Ärzte abgebildet werden müssen. Nachfolgend möchten wir die wesentlichen Änderungen kurz zusammenfassen:


Regelfallsystematik wird abgeschafft:
Erst- und Folgeverordnung sowie Verordnung außerhalb des Regelfalles gehören der Vergangenheit an. Es wird nur einen Verordnungsfall geben, der an eine sogenannte „orientierende“ Behandlungsmenge (vormals Höchstverordnungsmenge im Regelfall) geknüpft ist. Sollte über diese Behandlungsmenge hinaus Verordnungsbedarf bestehen, so kann der Arzt weitere Verordnungen ausstellen.


Genehmigungsverfahren entfällt:  
Da es keine Verordnungen „außerhalb des Regelfalles“ mehr geben wird, entfällt auch das Genehmigungsverfahren. Wird die „orientierende“ Behandlungsmenge überschritten, so muss der Arzt die Begründung lediglich in der Patientenakte dokumentieren.


Beginn eines neuen Verordnungsfalles neu definiert:
Künftig ist das Ausstellungsdatum der letzten Verordnung für die Bemessung der Frist für den Beginn eines neuen Verordnungsfalles relevant. Wenn das Datum sechs Monate oder länger zurückliegt, so beginnt ein neuer Verordnungsfall. Liegt es noch keine sechs Monate zurück, so wird der jeweils aktuelle Verordnungsfall weitergeführt.


Zusammenfassung von Diagnosegruppen:
Insbesondere in der Physiotherapie werden die Diagnosegruppen deutlich reduziert. Anstatt der bisher 22 Gruppen wird es nur noch 13 geben. Die Unterscheidung nach kurz-, mittel- und langfristigem Behandlungsbedarf entfällt. Damit entfällt auch die Aufrechnung von Verordnungsmengen sowie der Wechsel innerhalb verwandter Diagnosegruppen (z.B. WS1 zu WS2).


Flexible Verordnungsmöglichkeiten:

  • Heilmittel:

Künftig wird nur noch nach „vorrangigen“ und „ergänzenden“ Heilmitteln unterschieden. „Vorrangige“ und „optionale“ wurden zusammengefasst. Zudem können künftig in der Physiotherapie und Logopädie bis zu drei vorrangige Heilmittel gleichzeitig verordnet werden. Konkret heißt das, dass die Anzahl der verordneten Behandlungsmaßnahmen entsprechend auf unterschiedliche vorrangige Heilmittel aufgeteilt werden können. Bei der Verordnung von Ergotherapie war dies bisher schon möglich.
 

  • Behandlungsfrequenz:

Die Frequenzempfehlungen werden einheitlich als Spannen dargestellt (z.B. 1-3 wöchentlich).
Dadurch werden flexiblere Terminvereinbarungen mit dem Patienten möglich.
 

  • Leitsymptomatik:

Ärzte können künftig auch individuelle Leitsymptomatiken angeben.
 

Schlucktherapie wird eigenes Heilmittel:
Schlucktherapie kann künftig als eigenes Heilmittel verordnet werden. Bisher war sie im Heilmittelbereich Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie eingeordnet. Dieser Bereich wird nun in Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie umbenannt.


Verlängerte Frist für den Beginn der Heilmitteltherapie:
Der späteste Behandlungsbeginn wird im Normalfall auf 28 Tage verlängert. Zusätzlich wird es jedoch ein Feld für die Angabe eines dringenden Behandlungsbeginns geben. Hierzu müssen dann 14 Tage eingehalten werden.
 

Verordnungsfall mit Arztbezug:
Ärzte müssen nicht mehr berücksichtigen, ob bereits von anderen Ärzten Verordnungen zu dem Verordnungsfall ausgestellt wurden. Der Verordnungsfall und somit die orientierende Verordnungsmenge bezieht sich also immer auf den jeweils verordnenden Arzt.
 

Doppelbehandlungen:
Die Möglichkeit zur Verordnung von Doppelbehandlungen wird erstmals in der HMR erwähnt.
 

Wechsel von Einzel- in Gruppentherapie:
Es wird den Therapeuten ermöglicht, den Patienten eigenständig von Einzel- in Gruppentherapie umzuplanen.
 

Neues Verordnungsformular:
Geplant ist auch ein einheitliches Verordnungsformular, das dann für alle Heilberufe gelten soll. Derzeit laufen dazu die Abstimmungen zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung und dem GKV-Spitzenverband.

 

Quellen: KBV und Physio Deutschland

Wer den Beschlusstext im Detail nachlesen möchte, kann diesen auf der Website des G-BA unter

www.g-ba.de/beschluesse/3973/ einsehen.


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